Page 100 - 40 Jahre Galerie Ewald Schrade - Von der Freude mit der Kunst zu leben
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Paul Kleinschmidt









                       Ein Bild von Paul Kleinschmidt war das Einzige, das HAP   Nach der Kißlegger Ausstellung gab es in Ulm eine
                            Grieshaber in seinem Karlsruher Akademie-Atelier   große Kleinschmidt-Präsentation, der bis zum heutigen
                          hängen hatte. Seinen Schülern gegenüber wertete er   Tage viele große Museums-Ausstellungen von Stuttgart
                           das als Beweis, dass es auch in Deutschland große   bis Berlin folgten. Auch bei mir waren und sind immer
                            Künstler gegeben habe. Auch mir fiel ein Bild von   wieder Kleinschmidt-Bilder in Ausstellungen präsent.
                        Paul Kleinschmidt bei einem Besuch in der Galerie der
                         Stadt Stuttgart auf. Mein Herumfragen im Kunstbetrieb
                          nach Kleinschmidt-Werken für eine Ausstellung blieb   1883 geboren in Bublitz in Pommern
                           ergebnislos. Es habe schon ewig keine Ausstellung
                       mehr gegeben und keiner wisse, wo Kleinschmidt-Bilder   1902–1905 Kunstakademie in Berlin
                          zu bekommen seien. Erst als Shmuel Shapiro meiner   1904 Fortsetzung des Kunststudium an der Münchner
                           Einladung nach Kißlegg gefolgt war, löste sich das   Akademie bei Peter Halm und Heinrich von Zügel;
                          Problem. Auf meine Frage nach Kleinschmidt-Werken   im Anschluss an die Studienzeit als Maler und Grafiker
                          sagte er zu meiner großen Freude: „Ich kennen eine   in Berlin tätig
                       Enkel von die Kleinschmidt“. Der lebe in Basel und hätte   1908 und 1911 Beteiligung an den Ausstellungen
                       sehr viele Kleinschmidt-Bilder. Sofort nahmen wir mit dem   der Sezession
                         Enkel Jean Pierre Kontakt auf und fuhren postwendend   1925 Ausstellung bei F. Gurlitt in Berlin
                          nach Basel. Am Nadelberg angekommen, führte uns   1927 erste Kontakte mit dem New Yorker Kunstsammler
                        Jean Pierre Salzmann auf den Dachboden des großen   Erich Cohn, der schließlich sein Mäzen wird
                        Hauses, in dem es mehrere Lattenverschläge gab. Einer   1932 Umzug nach Klingenstein bei Blaubeuren, später
                          war seiner. Er schloss auf, wir gingen hinein und dort   nach Ulm
                         lehnte an den Latten-Wänden eine große Menge von   1933 Umzug nach Ay bei Senden, hier sind er und
                           Kleinschmidt-Bildern. Voller Begeisterung haben wir   seine Familie schon bald politischen Repressionen
                         die Bilder gesichtet und sofort einen Ausstellungstermin   ausgesetzt
                        gemacht. Das Aufsehen war dann sehr groß, als am 8.   1936 Emigration nach Holland
                       Oktober 1977 in der Schloßhofgalerie Kißlegg von Prof.   1938 Emigration nach Frankreich
                        Dr. Klaus Gallwitz die Kleinschmidt-Ausstellung eröffnet   1940 Internierung für mehrere Monate in
                       wurde. Der Kleinschmidt-Experte Gallwitz prophezeite in   verschiedenen Lagern
                        Kißlegg eine Renaissance des Malers. Kleinschmidt sei   1943 in Bensheim ansässig; Malverbot
                         von Berlin aufs Land gekommen und werde jetzt bald   1945 durch einen Bombenangriff verbrennt sein
                         wieder triumphal in die Großstädte zurückkehren, was   gesamter Besitz
                           dann auch eintrat. Im Anschluss an die Ausstellungs-
                            eröffnung wurde in Kißlegg die Paul-Kleinschmidt-  1949 in Bensheim verstorben
                          Gesellschaft unter der Schirmherrschaft des Tübinger
                        Universitätsprofessor Dr. Georg Scheja gegründet. Den
                          Artikel in meiner Zeitung „Die Schloßhofgalerie“ zum
                       Kleinschmidt-Ereignis schrieb Dr. Barbara Lipps-Kant, die
                                         über den Maler promoviert hat.




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