Page 58 - 40 Jahre Galerie Ewald Schrade - Von der Freude mit der Kunst zu leben
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Günter Grass









                       Im Herbst 1974 traf ich zusammen mit Erich Mansen auf
                       einer Kunstmesse in Berlin den Schriftsteller Günter Grass
                       und bewunderte dessen neue Radierungen, die von der
                      Galerie Anselm Dreher dort präsentiert wurden. Ich fasste
                       mir ein Herz und fragte Grass, ob er nicht Lust und Freude
                         hätte, seine Radierungen in meiner Kißlegger Galerie
                       auszustellen. Grass meinte spontan, dass dies doch eine
                         rechtschaffen schwarze Gegend wäre. Ich antwortete
                           aus Spaß, dass ein roter Fleck in einer „schwarzen                  Günter Grass bei der Lesung in Kißlegg
                          Landschaft“ doch ganz spannend sein könnte, nichts-
                      ahnend, was das auslösen würde. Daraufhin sagte Grass
                       eine Ausstellung mit Lesung für März 1975 schmunzelnd
                        zu. Die geplante Ausstellung mit den grafischen Werken   1927 in Danzig-Langfuhr geboren
                         von Günter Grass war hochaktuell. Nach international
                         bekannten Museen und Kunstvereinen in Tokio, Berlin,   1947–1948 Steinmetzlehre
                          Hamburg und Zürich waren sie nun auch in Kißlegg   1948–1952 Studium Grafik und Bildhauerei an der
                         zu sehen. Die Vorbereitungen der Ausstellung im Alten   Düsseldorfer Kunstakademie bei Professor Otto Pankok
                      Schloss machten wenig Sorgen. Aber die ursprünglich im   1953–1956 Fortsetzung des Kunststudiums an der
                      gemeindeeigenen Neuen Schloss geplante Dichterlesung   Hochschule für Bildende Künste in Berlin bei Karl Hartung
                         wurde problematisch, weil der Bürgermeister spontan   1956–57 erste Ausstellungen von Plastiken und Grafiken;
                        sagte: „Der kommt in mein Schloss nicht rein“. Zu guter   Beginn der schriftstellerischen Tätigkeit, es entstehen vor
                            Letzt landeten wir mit der Lesung in der Kißlegger   allem Kurzprosa, Gedichte und Theaterstücke
                         Turn- und Festhalle, in die über 1000 Zuhörer kamen.   1959 sein Roman „Die Blechtrommel“, erscheint
                            Der daraus entstandene große Pressewirbel führte   1965 Georg-Büchner-Preis
                       schließlich zum Rücktritt von Bürgermeister Stefan Müller.  1977 sein Roman „Der Butt“ erscheint
                                                                         1986 sein Roman „Die Rättin“ erscheint
                                                                         1999 Nobelpreis für Literatur
                                                                         2005 Ehrendoktorwürde der freien Universität zu Berlin

                                                                         bis heute zahlreiche Ausstellungen von Zeichnungen,
                                                                         Aquarellen, Druckgraphik und Skulpturen im In- und
                                                                         Ausland


                                                                         lebt und arbeitet bei Lübeck










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